Die Träume meines Tieres
Eigentlich ist Bobbi ein beständiger Charakter und lebt in Stuttgart. Nähert sich aber die Abenddämmerung, wird er ein wenig sprunghaft. Wie lange er wo bleibt und warum, ist sein Geheimnis. Ebenso, was ihm nachts durch den Kopf geht.
Hunde sind Gewohnheitstiere. Das erleben wir immer wieder in unserer Tierarzt Praxis am Wormser Platz in Stuttgart. Bobbi isst jeden Tag klaglos das gleiche Trockenfutter (mal mit Thunfisch, mal mit Huhn), auch wenn er sich über gelegentliche Abwechslungen freut, das können Johannisbrotschoten oder Käsebrocken oder an manchen Tagen auch Mandeln mit Schale sein. Bobbi besteht auf tägliche, gemeinsame Spaziergänge, auch wenn ihm ein ganzer Berg für eigene Ausflüge zu Verfügung steht. Bobbi sitzt liebend gern im Auto, während ich Einkäufe erledige, auch wenn es objektiv zu warm dafür ist. Und obendrein langweilig, aber was weiß ich schon, wofür ein Hund die Momente der Kontemplation und Bewegungseinschränkung nutzt?
In einer Sache jedoch ist er auf Abwechslung aus: sein Schlafplatz. Es war keine geringe Anstrengung, ihn an sein Hundebett zu gewöhnen, jetzt hat er es in sein Herz geschlossen und eine perfekte Zusammenrollposition gefunden, bei der seine Schnauze noch leicht über den Polsterrand hängt, was ihm einen besseren Überblick verschafft, falls nachts doch mal ein Hundeauge aufklappen sollte oder irgendein Geräusch seinen leichten Schlaf stört.
Manchmal jedoch entscheidet er sich dagegen. Nach einem gemeinsamen Abendessen begleitet er unsere Freunde stets zu ihrem Haus und taucht dann einfach nicht wieder auf, weil er es sich auf deren Terrasse gemütlich gemacht hat. Oder er trifft auf seinem Weg einen Igel, was zu lautem Gebell und großer Aufregung führt, wobei er klug genug ist, sich keinen Stachel in die empfindliche Nase zu bohren. Jedenfalls kommt er dann erst morgens irgendwann wieder – ohne Reue, aber mit dem Wissen, wo der volle Futternapf stehen wird.
Wenn wir in der Sommerhitze die Fenstertüren offen stehen lassen, streunt er nachts mal in das eine, mal ins andere Schlafzimmer. Wie lange er wo bleibt und warum, ist sein Geheimnis. Manchmal wacht man auf und hört seinen Atem (oder sein sporadisches, melancholisches Schnaufen), manchmal hängt noch sein Hundegeruch in der Luft, aber er ist schon wieder woanders. Bei einem Menschen würde man dieses Verhalten befremdlich, ja charakterlos finden – haltlos durch Schlafzimmer zu geistern gesteht man nur den Wenigsten zu – bei Bobbi aber vermutet man einen lockeren Beschützerinstinkt. Er verbringt eine kleine Weile vor jedem Bett, das für ihn erreichbar ist, und schläft dann zufrieden weiter, weil er alles im Griff hat.
Wie konkret seine Träume wohl sind? Natürlich stelle ich mir vor, dass er von Rudelkämpfen und Kaninchenjagden träumt, vielleicht sogar davon, dass er endlich mal einen der Vögel erwischt, denen er immer wieder erfolglos nachstellt und dann verwundert hinterherblickt, als verstünde er nicht, wie die Welt so ungerecht sein kann, dass sie manchen Tieren Flügeln verleiht und machen eben nicht.
Vielleicht träumt er auch von den Nachkommen, die er nie haben wird, die ungelenk um ihn herumtoben bis er sie mit einem liebevollen Knurren zur Ordnung ruft. Oder von den kalten Nächten mit leerem Magen, in denen ihn die anderen Straßenhunden voller Hass jagten. Was auch immer ihn nachts bestürmt, wenn ich morgens seine nasse Nase am Ohr spüre, ist es weggefegt.
Hunde träumen vermutlich von ähnlichen Dingen wie in ihrem Alltag: Erlebnisse, Gerüche, Geräusche oder Bewegungen. Wissenschaftler gehen davon aus, dass Hunde wie Menschen im sogenannten REM-Schlaf (Rapid Eye Movement) träumen, einer Phase, in der die Gehirnaktivität hoch ist.
Mögliche Inhalte von Hundeträumen:
• Spielen: Hunde träumen vielleicht davon, mit ihrem Lieblingsspielzeug zu spielen oder mit anderen Hunden zu toben.
• Jagen: Instinktive Verhaltensweisen wie das Verfolgen von Beute können in ihren Träumen auftauchen.
• Erlebnisse des Tages: Dinge, die sie erlebt haben, wie Spaziergänge, Streicheleinheiten oder das Fressen, könnten sich in ihren Träumen widerspiegeln.
• Gefühle: Sie könnten Freude, Aufregung oder auch Angst in ihren Träumen erleben, je nachdem, was sie beschäftigt.
Hinweise auf Träume bei Hunden:
• Zuckende Pfoten oder Beine (als würden sie laufen).
• Leises Bellen, Knurren oder Winseln im Schlaf.
• Bewegung der Augen unter den geschlossenen Lidern.
Da das Gehirn von Hunden dem des Menschen ähnlich funktioniert, sind ihre Träume vermutlich auch eine Art Verarbeitung ihres Alltags.