Wandel
Der Wandel bei Tierärzten ist ein spannendes und weitreichendes Thema, das die Anpassung an technologische Fortschritte, veränderte Kundenanforderungen und neue wissenschaftliche Erkenntnisse widerspiegelt. Die Rolle des Tierarztes hat sich im Laufe der Zeit erheblich entwickelt, weg von der ausschließlichen Behandlung von Krankheiten hin zu umfassenderen Ansätzen der tierischen Gesundheit und des Wohlbefindens.
Technologische Fortschritte
Einer der bedeutendsten Faktoren im Wandel des tierärztlichen Berufs ist die Technologie. Moderne Diagnose- und Behandlungsmethoden haben die Möglichkeiten der Tiermedizin erheblich erweitert. Digitale Röntgengeräte, Ultraschall, MRT und CT-Scanner ermöglichen präzisere Diagnosen. Zudem haben Fortschritte in der Chirurgie, wie minimalinvasive Techniken und Laserchirurgie, die Behandlungsmöglichkeiten verbessert und die Erholungszeiten verkürzt.
Telemedizin hat ebenfalls Einzug in die Tierarztpraxis gehalten. Besonders in ländlichen Gebieten oder während der COVID-19-Pandemie hat die Möglichkeit der virtuellen Konsultation Tierärzten und Tierhaltern neue Wege eröffnet, Diagnosen zu stellen und Behandlungen zu besprechen, ohne dass ein physischer Besuch in der Praxis notwendig ist.
Veränderte Kundenanforderungen
Die Erwartungen der Tierhalter haben sich ebenfalls gewandelt. Haustiere werden zunehmend als vollwertige Familienmitglieder betrachtet, was die Nachfrage nach qualitativ hochwertiger medizinischer Versorgung und präventiver Gesundheitsfürsorge erhöht hat. Tierärzte sehen sich zunehmend mit gut informierten Kunden konfrontiert, die detaillierte Informationen über Behandlungsoptionen und Präventivmaßnahmen wünschen.
Diese Entwicklung hat zur Folge, dass Tierärzte nicht nur medizinisch versiert, sondern auch kommunikativ und einfühlsam sein müssen. Kundenservice und die Fähigkeit, komplexe medizinische Sachverhalte verständlich zu erklären, sind zu wichtigen Kompetenzen geworden.
Präventivmedizin und ganzheitliche Ansätze
Ein weiterer Trend ist der verstärkte Fokus auf Präventivmedizin und ganzheitliche Ansätze. Impfungen, regelmäßige Gesundheitschecks und Ernährungsberatung sind heute selbstverständliche Bestandteile der tierärztlichen Praxis. Zunehmend wird auch auf alternative und ergänzende Heilmethoden wie Akupunktur, Physiotherapie und Verhaltensberatung gesetzt, um das Wohlbefinden der Tiere ganzheitlich zu fördern.
Spezialisierung und Weiterbildung
Die Tiermedizin hat sich auch in Bezug auf Spezialisierung weiterentwickelt. Ähnlich wie in der Humanmedizin gibt es heute Tierärzte, die sich auf bestimmte Fachgebiete wie Kardiologie, Dermatologie, Zahnheilkunde oder Onkologie spezialisieren. Diese Spezialisierungen erfordern umfassende Weiterbildung und ermöglichen es Tierärzten, komplexe Fälle besser zu behandeln und spezialisierte Behandlungen anzubieten.
Umwelt- und Tierschutz
Zunehmend spielt auch das Bewusstsein für Umwelt- und Tierschutz eine Rolle im Wandel der Tierarztpraxis. Nachhaltigkeit in der Praxisführung, der Einsatz umweltfreundlicher Produkte und die Aufklärung der Tierhalter über artgerechte Haltung und Ernährung sind Aspekte, die immer mehr an Bedeutung gewinnen.
Digitalisierung und Praxismanagement
Moderne Praxisverwaltungssysteme und digitale Patientenakten haben die Effizienz in Tierarztpraxen verbessert. Terminmanagement, Abrechnung und Patientenkommunikation können heute weitgehend digitalisiert ablaufen, was den administrativen Aufwand reduziert und mehr Zeit für die direkte Patientenbetreuung lässt.
Tierärzte in Europa: Viel Arbeit und zu wenige Kollegen
Eine Umfrage der FVE unter europäischen Tierärzten verrät viel über den Berufsalltag, die Herausforderungen und Hoffnungen für die Zukunft.
Die typische europäische Tierärztin ist weiblich, zwischen 35 und 39 Jahre alt, seit sechs bis zehn Jahren im Beruf und arbeitet möglicherweise in Teilzeit. Sie ist wahrscheinlich Kleintierpraktikerin und verdient im Jahr den Teilzeit-Anteil von 48.000 Euro. Erkennen Sie sich wieder?
Der europäische Tierärzteverband FVE hat 2023 zum dritten Mal Tierärztinnen und Tierärzte befragt, um Einblicke in ihre Arbeitswelt zu gewinnen. Mit etwa 12.400 Teilnehmenden aus 37 Ländern ist die Umfrage nicht repräsentativ, liefert aber dennoch spannende Daten. Etwa 328.500 Tierärztinnen und Tierärzte leben in Europa, die meisten davon in Deutschland (41.000). 65 Prozent sind weiblich und der Frauen-Anteil wird immer größer, langsam auch in Führungspositionen.
Das bringt die Zukunft
Die befragten Tierärztinnen und Tierärzte glauben, dass der Bedarf an tierärztlichen Dienstleistungen in der Kleintiermedizin und bei Exoten weiter wachsen, bei Pferden und kleinen Wiederkäuern aber abnehmen wird. Der Trend geht weiterhin zu mehr Spezialisierung. Die Telemedizin wird ebenfalls als Wachstumsfeld genannt. Zusätzlich zur fachlichen Spezialisierung halten die Kolleginnen in den nächsten Jahren eine Weiterbildung in den Bereichen Kommunikation, Wirtschaft und Digitalisierung für unverzichtbar.
Die größten Herausforderungen für die Praxen und Kliniken:
- wachsende Kosten für Medizinprodukte und Arzneimittel
- Kunden, die nicht zahlen können
- Administration
Arbeitszeiten und Gehalt
Hohe Arbeitslast und Fachkräftemangel werden als die größten Herausforderungen für die Profession insgesamt genannt.
Der Jahresverdienst (durchschnittlich 48.000 €) ist in der Schweiz und in Irland am höchsten (>85.000 €) und in Serbien und Rumänien am niedrigsten (<14.500 €). Die Bestverdiener unter den Tierärzten arbeiten in diesen Berufsfeldern:
- Ausbildung und Forschung (59.000 €)
- Regierungsangestellte/öffentlicher Dienst (57.600 €)
- Angestellte bei Klinikketten (52.490 €)
Die Zahl der Arbeitsstunden ist in den letzten Jahren zurückgegangen: Im Vertrag stehen nun durchschnittlich 36,9 Wochenstunden (2015: 40,2), wirklich gearbeitet wird aber 42,4 Stunden (2015: 46,8). Ein Drittel der befragten Tierärztinnen und Tierärzte macht keinen Notdienst.
Tierarzt bleibt ein toller Beruf, dem die Kollegen 7/10 Punkte geben. Doch Work-Life-Balance und Einkommen bekommen nur 5 bzw. 5,5/10 Punkte. Am glücklichsten sind Kollegen in der Schweiz, Dänemark und Finnland. Insgesamt gibt jedoch ein Viertel der Befragten an, dass sie den Tierarztberuf wahrscheinlich verlassen werden, weitere 18 Prozent sagen, das sei nicht unwahrscheinlich. Erschreckende Zahlen angesichts des Fachkräftemangels!